Geschichte ist ein zentrales Thema der extremen Rechten. Oft – aber nicht ausschließlich – geht es dabei um die Geschichte der NS-Zeit, etwa bei der Holocaustleugnung oder beim Kampf gegen die Wehrmachtsausstellung. Der Impuls reicht aber tiefer, er lässt sich über Helden des Milieus wie Friedrich dem Großen, Ulrich von Hutten, Barbarossa, Widukind und Arminius bis hin zur Scheibe von Nebra zurück deklinieren. Rechte Ideologie und kristallisierte Geschichtsvorstellungen treffen sich an einem tiefen Punkt.
Dass Rechte mit bemerkenswerter Zähigkeit um historische Deutungen kämpfen, zeigt, wie sehr sie in ihrem politischen Selbstbild von ihnen abhängig sind.
Dieses Phänomen ist noch kaum erforscht. Deshalb steht man ihm häufig hilflos gegenüber: Es sind zwar ausreichend Argumente vorhanden, wenn es um die Fragen extrem rechter Gewalttaten, um die NS-Geschichte oder um Vernetzungen aktueller rechtsextremer Organisationen geht. Was kann man aber dagegen sagen, wenn die NPD zweideutig aber sachkundig den Verlauf der Varusschlacht erklärt oder wenn eine Living Historygruppe auf dem Mittelaltermarkt vermeintlich historische Hakenkreuze im Großformat präsentiert? Ein Spiegel-Aufmacher zu germanischer Kulturhöhe kann – mit dem nötigen politischen Subtext versehen – mehr bewirken als ein kompletter NPD-Landtagswahlkampf.
Diese Vorgehensweise bezeichnen rechte Theoretiker als »Metapolitik«. Ziel ist eine Kulturrevolution von rechts, Mittel ist Geschichtspolitik und indirekte Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Wer Geschichte deutet, liefert auch eine glaubhafte Erzählung, wie es zu unserer heutigen Gesellschaft gekommen ist. Und prägt damit nachhaltig politisches Bewusstsein. Diese jahrzehntelange Grundlagenarbeit hat ihren Anteil am derzeitigen Wahlerfolg der extremen Rechten in Europa.